5. November 2019

„Die Politik ist am Zug“

In der taz-Kantine fand am Abend des 4. November die Podiumsdiskussion „Vier Jahre Agenda 2030: Die Politik ist am Zug. Impulse für die deutsche Nachhaltigkeitstrategie“ statt. Auf dem Podium saßen hochkarätige Gäste.

Die Konstellation auf der Bühne zeigte bereits den Bezug zu einem SDG: Ziel 5, Geschlechtergleichstellung. Stellen sonst meist Männer die Mehrheit bei solchen Diskussionsrunden, hatten hier Frauen das Sagen, dazu in wichtigen Positionen, wie Dr. Christiane Averbeck, die Geschäftsführerin Klima Allianz-Deutschland oder Dr. Karolina Lyczywek, die Leiterin der Geschäftsstelle Ressortkoordination Nachhaltigkeit im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Den Anfang machte aber Maike Rademaker. Die Moderatorin und Journalistin (z.B. Die Zeit) legte sofort den Grundstein für eine klug und streng moderierte Runde. Strenge ist auch notwendig, denn die Bundesregierung hat ein dürftiges Klimaschutzpaket abgeliefert. Damit werden die vor vier Jahren verabschiedeten 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung nicht erreicht werden können. Das wird auch im gerade erschienenen und von mehreren Organisationen getragenen, Report “Vier Jahre Agenda 2030: Die Politik ist am Zug“ (Veranstaltung und Report wurden mit Mitteln der europäischen Union gefördert), deutlich: Darin steht, dass „die Politik umdenken, umlenken und ehrgeiziger handeln muss“ (S. 4). Dr. Ilona Auer-Frege, Geschäftsführerin des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe, schloss sich dieser Forderung in ihrer Begrüßungsrede nachdrücklich an.

Wie würden sich die beiden Vertreterinnen aus der Politik, die erwähnte Frau Dr. Lyczywek und Dr. Daniela de Ridder, Mitglied des Deutschen Bundestags, auf dem Podium schlagen? schien es durch die Reihen des sehr divers gefüllten Saals in der taz Kantine zu wabern. Gar nicht schlecht, ließe sich sagen. Zudem taten sich leichte Hoffnungsschimmer auf. Die Bundesregierung justiere bis Herbst 2020 nach, versicherte Frau Lyczywek. Auf diversen Veranstaltungen, in zahlreichen Diskussionsrunden hole man sich Input, auch sie selbst sitze auf dem Podium, um sich solchen Input zu holen. Sie hatte auch Block und Stift griffbereit neben sich auf dem Stuhl liegen. So weit so immerhin. Schwierig wurde es in der Frage, ob Gesetze im Sinne von Verboten eingeführt werden müssen. Im Konsum ließe sich den Menschen nichts vorschreiben, meinte Frau Lyczywek. Deutschland sei ein freies Land. Was erneuerbare Energien betrifft, meinte Christiane Averbeck, müsse aber schnell gehandelt werden. Der Notwendigkeit schnellen Handelns schloss sich auch Dr. Ilona Auer-Frege, Leiterin des Misereor-Büros in Berlin an. Das führte zu der Frage der Kommunikation. Wie vermittelt man den Menschen, was getan werden müsse und wie sehr es sie einschränken wird? Wie ist Akzeptanz, etwa bei erneuerbaren Energien zu erreichen? Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des paritätischen Gesamtverbands befand, dass die Menschen nicht belogen werden dürfen. Der Klimawandel werde immense Kosten verursachen, das müsse unmissverständlich kommuniziert werden.

Am Ende gab es einige schöne Vorschläge aus dem Publikum und Dr. Karolina Lyczywek schrieb eifrig mit. Sogar ein Soldat traute sich, das schlechte Essen der Bundeswehr zu kritisieren. Er war nicht der einzige seiner Zunft, es war eine ganze Gruppe da, wie mir Jens Kober vom Deutschen Kulturrat später erzählte. Ein gelungener Abend. Auch wenn die Aufgabe, die vor uns steht, eine Quadratur des Kreises ist, wie Dr. Daniela De Ridder nicht müde wurde zu betonen. Das lässt sich aber doch bestimmt optimistischer benennen.

Text und Fotos: Thomas Klein